Die Amniozentese kann zur Erfassung der kindlichen Erbanlagen durchgeführt werden. Dabei wird mit einer dünnen Nadel unter Ultraschallsicht in die Fruchthöhle eingegangen und einige Milliliter Fruchtwasser mit den darin befindlichen Zellen des Ungeborenen gewonnen. Die Untersuchung ist normalerweise nicht besonders schmerzhaft (vergleichbar mit einer Blutabnahme aus der Armvene). Diese Untersuchungsmethode kann bei Verdacht oder bei erhöhtem Risiko auf Schädigung der Erbanlagen durchgeführt werden (wie zum Beispiel bei der Suche nach Trisomie 21, Down-Syndrom bei Schwangeren über 35 Jahre). Das Risiko, durch den Eingriff eine Fehlgeburt zu verursachen liegt bei etwa 0,5 bis 1 %. Ursachen dafür können Blasensprung, Blutungen, Wehentätigkeit oder eine Infektion sein. Eine Verletzung des Kindes durch die Einstichnadel ist extrem unwahrscheinlich. Kontraktionen der Gebärmutter sind am Tag des Eingriffes und am folgenden Tag relativ häufig, lassen aber in der Regel rasch wieder nach. Diese Methode sollte somit nur nach gründlicher Nutzen/Risiko-Abwägung angewandt werden. Durchgeführt werden kann dieser Eingriff ab 15+0 SSW. Die Zahl der Amniozentesen ist seit der Einführung des Erst-Trimesterscreenings mit Nackenfaltenmessung deutlich gesunken.

Das entnommene Fruchtwasser enthält unter anderem Hautzellen des Fötus sowie abgeschilferte Zellen des Fruchtwassersacks (Amnion). Diese Zellen werden in Kulturen im Labor angezüchtet und vermehrt. Nach erfolgreicher Vermehrung kann die DNA der Zellen isoliert und auf Chromosomenveränderungen untersucht werden. Da diese Untersuchungen der Zellen aus dem Fruchtwasser sehr langwierig sind, liegt der Befund erst nach 2-3 Wochen vor und gilt als sicher. Der FISH-Test kann ein relativ verlässliches Schnellergebnis nach 2 Tagen liefern. Die Abkürzung FISH steht für Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. Die häufigsten Chromosomenstörungen (Trisomien 13, 18 und 21 (Down-Syndrom)) können mit sehr hoher Sicherheit ausgeschlossen werden. Dieser FISH-Test wird aber nur in seltenen Fällen von der Krankenkasse bezahlt. Strukturelle Veränderungen und seltene Anomalien können erst durch die mikroskopische Auswertung der Langzeit-Zellkulturen ausgeschlossen werden.

Zusätzlich kann aus dem Fruchtwasser ein bestimmter Marker, das Alpha-Fetoprotein (AFP), bestimmt werden. Dieses Protein ist bei Neuralrohrdefekten, z.B. beim offenen Rücken (Spina bifida), erhöht.

Die Treffsicherheit der Amniozentese liegt bei der Chromosomenuntersuchung bei 99 Prozent, bei der Diagnose von Neuralrohrdefekten bei 90 Prozent.

Ablauf der Untersuchung

Die Amniozentese erfolgt durch Punktion durch die Bauchdecke der Mutter. Sie findet unter sterilen Bedingungen und ohne Betäubung statt. Um die optimale Stelle für eine Punktion zu finden, wird vorher die genaue Größe und Lage des Kinder und der Plazenta mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung ermittelt. Anschließend wird durch die Bauchhaut der Schwangeren eine dünne Kanüle eingeführt und unter ständiger Ultraschallkontrolle, um eine Berührung oder Verletzung des Fötus auszuschließen, bis in die Fruchthöhle vorgeschoben. Durch diese Kanüle wird eine kleine Fruchtwassermenge (ca. 15 bis 20 ml) entnommen. Das Fruchtwasser wird automatisch von der Plazenta und dem Fötus nachgebildet.

Nach dem Eingriff sollte sich die Schwangere in den folgenden Tagen etwas schonen und schwerere körperliche Belastung vermeiden. Bettruhe ist normalerweise nicht notwendig.

Ist der Blutgruppen-Rhesus-Faktor der Mutter negativ, erhält die Patientin nach der Punktion eine Rhesus-/Anti-D-Prophylaxe.