Listeriose (Listeria monocytogenes)
Reservoir
Listerien sind im landwirtschaftlichen Bereich weit verbreitet. Die Bakterien werden hier häufig im Tierfutter, besonders in verdorbener Silage gefunden. L. monocytogenes kann auch im Kot von Tieren und sogar im Stuhl gesunder Menschen nachgewiesen werden.
Eine Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien kann auf verschiedenen Stufen der Gewinnung und Bearbeitung erfolgen. Insbesondere Lebensmittel tierischer Herkunft wie Rohmilch und rohes Fleisch können während der Gewinnung, z.B. beim Melken oder beim Schlachten, und auch über die Umwelt kontaminiert werden. Bei Lebensmitteln, die aus oder mit rohem Fleisch oder Rohmilch hergestellt werden, ist daher nicht auszuschließen, dass bereits das Ausgangsmaterial Ursache für ein Vorkommen von Listerien im Endprodukt ist. Die Verarbeitung und Behandlung der kontaminierten Rohstoffe führt nicht immer zu einer Abtötung der Bakterien, beispielsweise bei Rohmilchweichkäse, Rohwurst oder Hackfleisch.
Listerien sind häufig auch in lebensmittelverarbeitenden Betrieben zu finden und als sog. Hauskeime gefürchtet. Ihre Anwesenheit kann zu einer Rekontamination auch derjenigen Lebensmittel führen, die einem Erhitzungsprozess oder einem anderen Listerien abtötenden Herstellungsverfahren unterzogen wurden. Neben einer Vielzahl tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Fleischerzeugnisse (z.B. Wurst), Fleischzubereitungen, Fisch, Fischerzeugnisse (hauptsächlich Räucherfisch), Milch und Milchprodukte ( insbesondere Käse) werden Bakterien nicht selten auch auf pflanzlichen Lebensmitteln, z.B. vorgeschnittenen Salaten, gefunden.
Infektionsweg
Die Aufnahme des Erregers erfolgt hauptsächlich durch den Verzehr von kontaminierten tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln. Eine Weiterverbreitung ist ggf. auch durch gesunde Ausscheider auf fäkal-oralem Weg möglich. Eine Infektionsmöglichkeit besteht prinzipiell auch durch den direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder kontaminiertem Erdboden.
Eine Infektion von Neugeborenen erfolgt transplazentar, während der Geburt bei Durchtritt durch den Geburtskanal oder postnatal durch Kontakt.
Klinische Symptomatik
Die Aufnahme von Listerien führt u.U. nur zu einer lokalen Besiedlung des Intestinaltraktes. Bei immunkompetenten Menschen kommt es nur selten zu einer Infektion und noch seltener zu einer Erkrankung, die sehr häufig nur als leichte, uncharakteristische fieberhafte Reaktion verläuft.
Bei Schwangeren verläuft die Erkrankung in der Regel unter einem relativ unauffälligen grippeähnlichen Bild. Dabei besteht die Möglichkeit eines Überganges der Infektion auf das ungeborene Kind mit der Gefahr, dass das Kind infiziert zur Welt kommt oder es zu einer Früh- oder Totgeburt kommt. Bei der neonatalen Listeriose werden eine Frühinfektion (Auftreten der Symptomatik in der 1. Lebenswoche) und eine Spätinfektion (Auftreten der Symptomatik ab der 2. Lebenswoche) unterschieden. Die Frühinfektion ist durch Sepsis, Atemnotsyndrom und Hautläsionen gekennzeichnet (Granulomatosis infantiseptica). Säuglinge mit einer Spätinfektion werden meist zum regulären Termin geboren und nehmen den Erreger auf, während sie den Geburtskanal passieren. Sie erkranken häufig an einer Meningitis.
Therapie
Als Medikament der ersten Wahl gilt Amoxicillin hochdosiert, kombiniert mit einem Aminoglykosid. In zweiter Linie ist Cotrimoxazol zu empfehlen. An weiteren Medikamenten sind Chloramphenicol, Makrolide und Vancomycin geeignet. Die zusätzliche Gabe von Rifampicin kann die Ausheilung fördern. Die Therapiedauer sollte angesichts der Gefahr von Rezidiven mindestens 14 Tage betragen. Trotz gezielter Therapie besteht eine relativ hohe Letalität der manifesten Listeriose (in den letzten Jahren verliefen etwa 30 % der Listerien-Meningitiden tödlich). Die Eigenschaft der intrazellulären Vermehrung erschwert das Wirken vieler Antibiotika.
Einige Grundregeln, die geeignet sind, das Risiko von Lebensmittelinfektionen zu minimieren, gelten auch für Listerien:
- Hackfleisch sollte nicht roh verzehrt werden
- Schwangeren und abwehrgeschwächte Personen wird angeraten, auf den Verzehr von lange (bis gegen Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums) kühl gelagertem, vakuumverpacktem Räucherfisch sowie von Rohmilchkäse zu verzichten und bei anderem Käse die Rinde vor dem Verzehr zu entfernen.