Röteln (Rubella)

Vorkommen

Das Rötelnvirus ist weltweit endemisch verbreitet. In Populationen, in denen nicht geimpft wird, erfolgen 80–90 % der Infektionen im Kindesalter. In gemäßigten Klimazonen wird im Frühjahr die höchste Erkrankungshäufigkeit beobachtet. In Deutschland (BRD) wurde 1974 die Rötelnimpfung eingeführt. Sie wird seit 1980 als Kombinationsimpfung (mit Masern und Mumps) empfohlen. In der DDR war die Rötelnimpfung nicht allgemein verfügbar. Seit 1990 wird auch in den neuen Bundesländern die MMR-Impfung angewendet. Wie in Westdeutschland hat sie im Vergleich zur Vorimpfära zu einem deutlichen Rückgang der Rötelnmorbidität geführt.

Reservoir

Der einzige natürliche Wirt ist der Mensch.

Infektionsweg

Die Übertragung erfolgt aerogen durch Tröpfcheninfektion. Das Virus dringt in die Schleimhaut des oberen Respirationstraktes ein, vermehrt sich vornehmlich im lymphatischen Gewebe und führt zu einer ausgeprägten Virämie mit der Möglichkeit der diaplazentaren Übertragung in der Schwangerschaft.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit beträgt 14–21 Tage.

Die Röteln sind eine klassische „Kinderkrankheit“. Etwa 50 % der Infektionen im Kindesalter verlaufen asymptomatisch. Die Erkrankung ist durch ein kleinfleckiges makulöses oder makulopapulöses Exanthem gekennzeichnet, das im Gesicht beginnt, sich über Körper und Extremitäten ausbreitet und nach 1–3 Tagen wieder verschwindet. Weiter können Kopfschmerzen, subfebrile Temperaturen, Lymphknotenschwellungen (besonders der nuchalen und retroaurikulären Lymphknoten), ein leichter Katarrh der oberen Luftwege und eine Konjunktivitis auftreten.

Obwohl eine postnatale Rötelninfektion selten mit Komplikationen einhergeht, verursacht eine über die Plazenta der Mutter erfolgte Infektion des sich entwickelnden Fetus schwere Schäden, deren Häufigkeit und Schweregrad vom Infektionszeitpunkt während der Schwangerschaft abhängen (beobachtet wurden Schäden in 90% bei Infektionen in den ersten 8 Schwangerschaftswochen, Schäden in 25%–35% bei während des zweiten Trimesters). Eine Rötelnprimärinfektion im 1.–4. Schwangerschaftsmonat kann zum Spontanabort, zur Frühgeburt oder zum CRS (kongenitalen Rötelnsyndrom) führen. Die im Stadium der Organogenese entstehenden Schäden beinhalten in der Regel die klassische Trias mit Defekten an Herz (offener Ductus arteriosus), Augen (Katarakt) und Ohren (Innenohrtaubheit) – das Gregg-Syndrom. Weitere mögliche Folgen sind ein geringes Geburtsgewicht, thrombozytopenische Purpura, Hepatosplenomegalie, Enzephalitis, Hepatitis, Myokarditis oder Mikrozephalie. So löst eine Infektion des Fetus in der 4. Gestationswoche das Vollbild der Erkrankung aus, während z..B. durch eine Infektion in der 20. Woche eine isolierte Taubheit entstehen kann. Die Gesamtletalität des CRS beträgt 15–20 %. – Trotz hoher Titer spezifischer neutralisierender Antikörper können Kinder mit CRS das Rubellavirus aus dem Respirationstrakt und über den Urin bis zu einem Alter von 2 Jahren ausscheiden.

Eine Diagnose aufgrund des klinischen Bildes ist sehr unzuverlässig; ähnliche Exantheme können bei einigen anderen fieberhaften Erkrankungen auftreten (z.B. Masern, Ringelröteln, Scharlach) oder auch arzneimittelbedingt sein. Bei wichtigen Entscheidungen wie Rötelnverdacht bzw. -kontakt bei einer Schwangeren und dem klinischen Verdacht auf konnatale Röteln sollte daher unbedingt eine serologische Abklärung erfolgen. Die Immunität gegenüber Rötelnvirus sollte möglichst vor Eintritt einer Schwangerschaft geprüft werden, um gegebenenfalls noch impfen zu können.

Die pränatale Diagnostik kann bei fraglicher oder gesicherter Rötelninfektion einer Schwangeren durchgeführt werden. Möglich ist der Nachweis von Rötelnvirus (mittels Zellkultur und PCR) aus Chorion-Biopsiematerial oder Amnionflüssigkeit (pränatale Frühdiagnostik) sowie ab 22. Schwangerschaftswoche zusätzlich die Untersuchung von Fetalblut (IgM-Test, PCR). Indikationsstellung, Materialentnahme und Labordiagnostik erfordern spezielle Erfahrung.